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Ständig Streit – zwischen Macht und Ohnmacht

Wenn Kind und Eltern immer wieder aneinandergeraten, bis es zum Anschreien und zu Drohungen kommt, löst dies bei Eltern verständlicherweise eine grosse Hilflosigkeit aus. Meist wird ihnen dann geraten, sich «endlich einmal durchzusetzen» oder «sich das freche Verhalten des Kindes nicht länger gefallen zu lassen». Dass die Situation nach hartem Durchgreifen oft erneut eskaliert, ist ein typisches Muster.

Warum Autorität und Gewalt oft zu noch mehr Gewalt führt.

Eltern verlieren manchmal die Geduld, oder wissen einfach nicht mehr weiter. Aus Verzweiflung „greifen sie durch“. Tränen, zugeschlagene Türen und noch mehr Hilflosigkeit sind oft die Folgen. Manchmal ist auch eine veraltete Vorstellung von Autorität der Grund für Eskalationen. Sie besteht auf der Idee, sich als Eltern durchsetzen oder „gewinnen“ zu müssen. In beiden Fällen spürt das Kind die Überforderung der Eltern. Es verliert zunehmen den Respekt und setzt sich zur Wehr. Die Konfliktspirale dreht sich dann immer weiter. Auch Resignation kann Konflikte verschärfen

Kinder und Jugendliche wehren sich häufig gegen die Forderungen ihrer Eltern. Dies ist ein normales Verhalten im Entwicklungsprozess. Eltern berichten dann: «Ich hätte mich als Kind nicht getraut, so etwas meinem Vater zu sagen.» Rät das Umfeld diesen Eltern dann, die Sprösslinge nicht so streng zu behandeln, wird die Ratlosigkeit der Eltern noch verstärkt. «Bin ich selber Schuld, dass sich meine Tochter so aufführt?». Oder: «Vielleicht erwarte ich zu viel von ihm. Da muss er sich ja wehren.» Der Versuch sie gewähren zu lassen, führt oft dazu, dass das Verhalten des Kindes noch herausfordernder wird.

Wir haben schon alles versucht!

Wutausbrüche und Trotzphasen kommen bei allen Kleinkindern vor. Auch freche Kinder entsprechen durchaus der Norm. Jugendliche hingegen ziehen sich häufig zurück und wollen in Ruhe gelassen werden. Auch das ist OK. Schwierig wird es, wenn das Machtgefälle ins Gegenteil dreht: Das Kleinkind terrorisiert seine Umgebung, ein 10-jähriger hat seine Familie «in der Gewalt » oder ein Jugendlicher verweigert den Besuch der Schule oder des Ausbildungsbetriebs. In solchen Situationen fragen sich dann die Eltern häufig: «Ist meine Familie normal? Ist mein Kind normal? Ist das alles unsere Schuld? Wir haben doch alles versucht!»

Aussteigen aus dem alten Spiel

Oft spüren die betroffenen Eltern ein Gefühl der Ohnmacht. Schon die kleinste Meinungsverschiedenheit kann zur Explosion führen. Solche Muster zu ändern, geschieht nicht von heute auf morgen. Externe Hilfe kann hier helfen, Lösungswege aufzuzeigen, was vielleicht manchmal aus eigener Kraft nicht mehr möglich erscheint.

Eines der wichtigsten Ziele ist es, aus den täglichen Machtkämpfen und Konflikten aussteigen zu können, welche mit wechselnden Vorzeichen, aber häufig nach dem gleichen Muster ablaufen. Dabei ist es für die Eltern wichtig, das Gefühl loszuwerden, sie hätten in der Erziehung ihres Kindes versagt.

Die Ressourcen aller stärken

Zuerst gilt es, die Sichtweise der Eltern auf ihr Kind zu ändern. Meist ist man so stark auf die Symptome und Probleme eines „schwierigen Kindes“ fokussiert, dass man irgendwann seine Stärken nicht mehr sieht. Wenn es gelingt, alle Beteiligten in die Lösungsfindung einzubeziehen, kann sich die Dynamik zum Positiven entwickeln.

Ein möglicher Ansatz liegt darin herauszufinden, was dem wütenden und frustierten Kind am meisten helfen würde. Es kann sich herausstellen, dass das Kind in diesem Moment gerne in Ruhe gelassen werden will. Das wiederum kann den Erwachsenen helfen, nicht sofort reagieren zu wollen. Stattdessen gewinnt man Zeit, um herauszufinden, was die nächsten Schritte sein können. Welche Bedingungen müssen geschaffen werden, damit sich das Kind bereit erklärt, sich auf das Vorgeschlagene einzulassen? Oder sich fragen, welche Umstände dazu geführt haben, dass das Kind sich verweigert.

Alte Verhaltensweisen verändern

Jede Familie muss ihren eigenen Weg finden. Eine Familienbegleitung kann helfen, sich auf einen Prozess der Veränderung einzulassen. Mit Übungen und kreativen Experimenten kann man gemeinsam neue Sichtweisen und Lösungsansätze entwickeln. Doch viel mehr als um Techniken geht es um die innere Haltung. Sie ist der Schlüssel, damit Eltern Auswege aus der Dynamik von Konflikten und Vorwürfen finden.

Selbstachtung und Selbstregulation sind ebenso Schlüsselthemen in diesem Prozess. Das Aushalten von Provokation gelingt nur, wenn die eigenen Reserven aufgefüllt sind. Wie also können Eltern ihre Energien wieder aufladen, damit sie nicht die Beherrschung verlieren? Wenn man sich selber wertschätzt, kann man die eignen Bedürfnisse und die des Gegenübers besser erkennen.

Zu einer neuen Autorität finden

Wenn es gelingt, sein eigenes Selbstvertrauen zu stärken, kann der ständige Zweifel sich selbst und dem Kind gegenüber überwunden werden. Somit gelingt es auch, mit Wohlwollen auf sein Kind zuzugehen. Schafft man es, ihm ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln, lassen sich auch nach und nach Verhaltensmuster ändern.
Das erfordert manchmal einen langen Atem. Es ist essentiell, die eigene Stärke und Selbstbeherrschung aufrecht zu erhalten, auch wenn das Kind ausrastet und sich nicht wie erwartet verhält.

Wenn es gelingt alte Verhaltensweisen zu überdenken und eine wertschätzende Haltung einzunehmen, dann ist es möglich, sich als Familie erneut zu finden. Das heisst: Nicht auf Konflikte eingehen, wenn beide Seiten wütend sind. Indes sollte versucht werden, das Kind zur Kooperation zu motivieren. Wenn dies nicht klappt, kann man Konsequenzen aufzeigen, aber möglichst ohne Drohungen.

Eine wohlwollende, Autorität hat mit Führung, Klarheit, Stabilität und Halt zu tun. Aber auch mit Zuwendung, liebevoller Fürsorge und eigener Gelassenheit. Oft vergessen Eltern, dass gewisse Regeln gemeinsam erarbeitet werden sollten. Die Streitkultur kann sich nur verändern, wenn eine gegenseitige Akzeptanz vorhanden ist.

Veröffentlicht am

04 Dezember, 2017

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